Teil 7

Leitung und Aufsicht

§ 62 Leitung und Aufsicht

(1) Im Rahmen der Zeugnis- und Dienstgemeinschaft aller Kirchenkreise und der anderen Formen kirchlichen Lebens innerhalb der Landeskirche (§ 5 Absatz 2) nimmt die Landeskirche gegenüber den Kirchenkreisen Leitungs- und Aufsichtsaufgaben wahr. Sie berät und unterstützt die Kirchenkreise, sorgt für ihre Visitation und stellt durch die Aufsicht sicher, dass die Kirchenkreise ihre Aufgaben sachgerecht erfüllen und das geltende Recht beachten. Dabei achtet und schützt sie die Rechte der Kirchenkreise.   

(2) Im Rahmen der geistlichen Leitung und Aufsicht begleiten die Landesbischöfin oder der Landesbischof sowie die Regionalbischöfinnen und Regionalbischöfe die Kirchenkreise und ihre Einrichtungen und fördern ihr Zusammenwirken. Sie begleiten zusammen mit den Superintendentinnen und Superintendenten den Dienst der Pastorinnen und Pastoren sowie der anderen Mitarbeitenden mit Seelsorge, Rat, Ermutigung und Ermahnung. Die Regionalbischöfinnen und Regionalbischöfe visitieren die Kirchenkreise.

(3) Im Rahmen der Aufsicht kann das Landeskirchenamt insbesondere folgende Maßnahmen treffen:

  1. Unterrichtung,
  2. Beanstandung,
  3. Anordnung und Ersatzvornahme,
  4. Zwangsetatisierung,
  5. Auflösung des Kirchenkreisvorstandes,
  6. Bestellung von Bevollmächtigten,
  7. Genehmigung von Entscheidungen des Kirchenkreises.

Das Landeskirchenamt kann Weisungen erteilen, wenn die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben eines Kirchenkreises durch offensichtliche Missstände gefährdet ist.

§ 63 Berichtswesen

Die Kirchenkreise sind verpflichtet, dem Landeskirchenamt regelmäßig oder auf Anforderung im Einzelfall über einzelne Entwicklungen im kirchlichen Leben oder in der kirchlichen Verwaltung zu berichten. 

§ 64 Unterrichtung

Das Landeskirchenamt kann sich jederzeit über die Angelegenheiten eines Kirchenkreises unterrichten. Es kann insbesondere Berichte anfordern, Unterlagen einsehen oder sie sich vorlegen oder durch Beauftragte an Ort und Stelle prüfen lassen.

§ 65 Beanstandung

Das Landeskirchenamt kann Beschlüsse und andere Maßnahmen der Kirchenkreissynode und des Kirchenkreisvorstandes beanstanden, wenn sie rechtswidrig oder nicht sachgerecht sind. Beanstandete Maßnahmen dürfen nicht vollzogen werden. Bereits getroffene Maßnahmen müssen auf Verlangen des Landeskirchenamtes rückgängig gemacht werden.

§ 66 Anordnung und Ersatzvornahme

(1) Behebt die Kirchenkreissynode oder der Kirchenkreisvorstand eine beanstandete Maßnahme nicht oder erfüllt eines dieser Organe die ihm gesetzlich obliegenden Pflichten und Aufgaben nicht, so kann das Landeskirchenamt anordnen, dass das Organ innerhalb einer bestimmten Frist das Erforderliche veranlasst.

(2) Das Landeskirchenamt kann anordnen, dass der Kirchenkreisvorstand Rechte des Kirchenkreises innerhalb einer bestimmten Frist geltend macht oder verteidigt und alle Erklärungen abgibt, die zur Sicherung und Verwaltung des kirchlichen Vermögens im rechtlich geordneten Verfahren erforderlich sind.

(3) Kommt der Kirchenkreisvorstand einer Anordnung des Landeskirchenamtes nach den Absätzen 1 und 2 nicht innerhalb der bestimmten Frist nach, so kann das Landeskirchenamt die angeordneten Maßnahmen anstelle und auf Kosten des Kirchenkreises selbst ausführen oder durch Bevollmächtigte ausführen lassen. Eine Ersatzvornahme nach Satz 1 bedarf der Zustimmung des Landessynodalausschusses. Bei Gefahr im Verzug kann das Landeskirchenamt auch ohne Zustimmung des Landessynodalausschusses handeln. Es muss diesem die Ersatzvornahme jedoch unverzüglich anzeigen und sie auf dessen Verlangen rückgängig machen.

§ 67 Zwangsetatisierung

Weigert sich die Kirchenkreissynode oder der Kirchenkreisvorstand, eine gesetzliche Leistung, die aus dem kirchlichen Vermögen oder von den Mitgliedern der Landeskirche zu erbringen ist, in den Haushaltsplan einzustellen, festzusetzen oder zu genehmigen, so ist das Landeskirchenamt mit Zustimmung des Landessynodalausschusses berechtigt, die Leistung festzusetzen und in den Haushaltsplan einzustellen. Die Maßnahmen des Landeskirchenamtes ersetzen die Beschlussfassung der Kirchenkreissynode oder des Kirchenkreisvorstandes.

§ 68 Ermahnung und Auflösung des Kirchenkreisvorstandes

(1) Verletzt oder vernachlässigt ein Kirchenkreisvorstand seine Pflichten, so kann ihn das Landeskirchenamt ermahnen.

(2) Hält der Kirchenkreisvorstand trotz der Ermahnung an seinem Verhalten fest, so kann das Landeskirchenamt eine weitere Ermahnung aussprechen und gleichzeitig androhen, nach Ablauf einer bestimmten Frist den Kirchenkreisvorstand aufzulösen.

(3) Nach Ablauf der Frist kann das Landeskirchenamt mit Zustimmung des Landessynodalausschusses den Kirchenkreisvorstand auflösen, wenn er dauernd beschlussunfähig ist, obwohl mehr als die Hälfte der Sitze besetzt ist, oder wenn eine ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben des Kirchenkreises auf andere Weise nicht gesichert werden kann.

(4) Wenn das Verfahren zur Auflösung des Kirchenkreisvorstandes eingeleitet ist, kann das Landeskirchenamt dem Kirchenkreisvorstand bis zur endgültigen Entscheidung die Ausübung seines Amtes ganz oder teilweise untersagen. Das Landeskirchenamt kann gleichzeitig anordnen, dass die Aufgaben und Befugnisse des Kirchenkreisvorstandes vertretungsweise von Bevollmächtigten wahrgenommen werden, die das Landeskirchenamt bestellt.

§ 69 Bestellung von Bevollmächtigten

(1) Wenn ein beschlussfähiger Kirchenkreisvorstand nicht vorhanden ist oder der Kirchenkreisvorstand aufgelöst wurde, bestellt das Landeskirchenamt Bevollmächtigte, die die Aufgaben und Befugnisse des Kirchenkreisvorstandes wahrnehmen.

(2) Zur Ablösung der Bevollmächtigten kann das Landeskirchenamt jederzeit eine Neuwahl oder Nachwahl von Mitgliedern des Kirchenkreisvorstandes anordnen.

§ 70 Genehmigungsvorbehalte

(1) Soweit sich nicht aus anderen Rechtsvorschriften ein Genehmigungsvorbehalt ergibt, bedürfen Beschlüsse des Kirchenkreisvorstandes oder der Kirchenkreissynode einschließlich der zu ihrer Ausführung erforderlichen Erklärungen im Rahmen der Absätze 2 und 3 einer Genehmigung durch das Landeskirchenamt.

(2) Für folgende Beschlüsse besteht ein genereller Genehmigungsvorbehalt:

  1. Einlegung der Revision in einem Rechtsstreit vor staatlichen Gerichten,
  2. Errichtung oder Veränderung eines Kirchenamtes,
  3. Veräußerung, Veränderung, Verlegung oder Abgabe von Archivgut,
  4. Errichtung, Übernahme, wesentliche Erweiterung, Abgabe und Aufhebung von Einrichtungen, nicht rechtsfähigen Stiftungen oder wirtschaftlichen Unternehmen sowie die Beteiligung an ihnen,
  5. Abschluss von Pacht- und Betriebsführungsverträgen über Einrichtungen und wirtschaftliche Unternehmen sowie zu deren Betrieb erlassene Ordnungen oder Satzungen,
  6. Erwerb, Änderung, Veräußerung und Vernichtung von Gegenständen, die geschichtlichen, Kunst- oder Denkmalwert haben,
  7. wenn Sakralgebäude oder denkmalgeschützte Gebäude betroffen sind: Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie Erwerb und Aufgabe von Rechten an fremden Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten,
  8. Nutzungsverträge zum Abbau von Bodenbestandteilen, Gestattungsverträge für die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen sowie Mietverträge für die Errichtung von Mobilfunkstationen.

(3) Für folgende Beschlüsse besteht ein Genehmigungsvorbehalt, wenn eine durch Rechtsverordnung festzulegende Wertgrenze überschritten wird:

  1. Erhebung einer Klage oder andere Rechtsbehelfe vor den staatlichen Gerichten und Beendigung eines Rechtsstreits durch Vergleich; bei Rechtsstreitigkeiten vor den Amtsgerichten und den Arbeitsgerichten ist keine Genehmigung erforderlich,
  2. Übernahme von Bürgschaften und ähnlichen Verpflichtungen,
  3. Aufnahme von Darlehen, soweit diese nicht aus den ordentlichen Erträgen des laufenden und nächsten Rechnungsjahres getilgt werden können,
  4. Verwendung eines von Dritten für besondere Zwecke bestimmten Vermögens für einen anderen Zweck,
  5. Annahme von Schenkungen, Vermächtnissen oder Erbschaften, soweit diese mit Auflagen oder Lasten verbunden sind,
  6. Schenkungen und Verzicht auf vermögensrechtliche Ansprüche,
  7. Erwerb, Veräußerung oder Belastung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie Erwerb und Aufgabe von Rechten an fremden Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, soweit davon keine Kirchengebäude oder denkmalgeschützte Gebäude (Absatz 2 Nummer 7) betroffen sind.

(4) Eine Genehmigung gilt als erteilt, wenn innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Antrags beim Landeskirchenamt kein Bescheid und keine Zwischennachricht ergangen ist.